WELPENPRÄGUNG : DIE ERSTEN 10 WOCHEN
dieser Artikel wurde im HUNDE 1998 veröffentlicht
Als Tierpsychologin und Züchterin weiss ich von der Dringlichkeit, dass die Prägung und die Sozialisation der Welpen nicht erst beim neuen Hundehalter beginnen sollte. Mit diesem Artikel möchte ich Euch aus dem Alltag der Welpenaufzucht berichten.
Wenn ein Welpe geboren wird, bleiben höchstens 16 Wochen um den Winzling auf sein kommendes Leben vorzubereiten. 10-11 Wochen bleibt er bei dem/ der Züchter/In bis der neue Halter , oft Neuling auf dem Hundegebiet, das kleine warme Bündel übernimmt. Da bleiben nur noch wenige Wochen, um den kleinen wissbegierigen Welpen an alles Neue im Leben zu gewöhnen. Oft überfordert, teilweise unwissend, wird viel wertvolle Zeit verpasst das Richtige zu tun. Zudem wäre der Welpe überfordert, die ganze Prägung in den ersten Wochen beim neuen Halter zu erfahren.
Es sollten also in den ersten 10 Wochen in der Zuchtstätte die optimalsten Bedingungen geschaffen werden. Alle positiven, negativen sowie keine Erfahrungen bilden zusammen mit dem rassespezifischen Charakter sein Wesen.
Die Aufzucht
Umweltgeräusche:
In vielen Fällen leben die Züchter/Innen etwas abseits der Zivilisation. Daher wachsen natürlich die Welpen in einer zu ruhigen Umgebung auf. Es gibt kein oder wenig Verkehr, wenig Menschen, wenig Umweltreize die die kleinen Welpen mitbekommen. Diese heile Welt stimmt aber nicht mit dem zukünftigen Leben überein. Künstliche Geräuschekulissen sollten hier eingesetzt werden, um der Schreckhaftigkeit der Welpen entgegenzuwirken.
Das erste Geräusch das die Welpen erfahren können, wären z.B. Metalldeckel. Diese können mittels einem Loch in der Mitte zusammengebunden werden. Wenn die Welpen das schützende Nest mit 2-3 Wochen verlassen, stolpern sie über diese, nicht zu laute
Lärmquelle.
Petflaschen gefüllt mit kleinen Steinchen, ungepoptes Corn etc. , leere Konservendosen in einem Sack und den Ideen ist keine Grenze gesetzt, liegen im Welpengehege. Wenn die Welpen grösser werden und mit diesen Utensilien spielen, wird es als selbstverständlich hingenommen, dass es auch Lärm gibt. Pfannendeckel, Staubsauger, Haarfön, Radio und viele Haushaltgeräte helfen bei der Lärmprägung mit.
Geräusche CD’s, können den Welpen vorgespielt werden. Hochfrequenztöne, Geräusche vom Auto bis zum Zug, alles was das Leben lärmig macht, wird erst auf leiser Frequenz abgespielt, und mit zunehmendem Alter wird auch die Frequenz gesteigert, bis zur ungemütlichen Lautstärke.
Menschenprägung:
Genügend Betrieb in einer Zucht, sei es von der eigenen Familie, vom Besuch der Nachbarskinder, unter Aufsicht wohlverstanden, damit eben keine negative Prägung passiert, ist sehr förderlich für eine gute Prägung auf den Menschen. Hier aber den goldigen Mittelweg wählen, denn das Kooikerhondje speichert wie wir wissen schlechte übertriebene Erfahrungen. Es ist immer wieder mit viel Aufregung verbunden, wenn interessierte Käufer oder zukünftige Besitzer die kleinen Welpen besuchen. Frauen, Männer und Kinder sollten immer willkommener Besuch sein, die unbewusst mithelfen die Welpen auf Menschen zu prägen. Die liebevolle Betreuung des/der ZüchterIn schafft das nötige Vertrauen zu Menschen. Inniger Körperkontakt, ausgelassene Spiele und viel Anwesenheit verstärkt die Bindung zum Menschen. Wer als Züchter nur Futter hinstellt und das Gehege reinigt, sollte lieber die Hände vom Züchten lassen.
Natürlich brauchen die Welpen nach viel Aufregung einige Stunden wohlverdienten Schlaf, sonst werden sie überdreht und nervös, was auch schädlich sein kann.
Beschäftigungen:
Das grosse Welpengehege, innen wie aussen, sollte möglichst abwechslungsreich eingerichtet sein. Verschiedene Erkundungs- + Beschäftigungsmöglichkeiten, Kletter- und Versteckspiele, ein Tunnel, Wackelbretter. fördert die Lernbereitschaft des jungen Hundes, sowie die Möglichkeit Strategien zu entwickeln. Wichtig dabei ist, dass die Welpen diese Geräte selber erkunden können. Denn die Selbsterfahrung und das eigendynamische Lernen ist wesentlich für die Entwicklung.
Verschiedene Bodenbeschaffenheiten, wie Wiese, Kies und Beton sollten angeboten werden.
Die Welpen, die früh lernen auf Gras ihr Geschäft zu verrichten, können als fast Stubenrein abgegeben werden.
Prägung ausserhalb der Zuchtstätte:
Bei uns in der Schweiz werden die kleinen Welpen mit 8 Wochen das erste Mal geimpft. Dann ist der Zeitpunkt gekommen, um die Welpen auf das Leben ausserhalb der schützenden Zuchtstätte vorzubereiten. Ich weiss, der Impfschutz ist noch nicht optimal, doch bin ich der Auffassung, dass die Prägung keinen Aufschub duldet. Das Risiko einer ansteckenden Krankheit ist minim, aber der Effekt einer solchen Prägung grossartig.
Waldspaziergang:
Die ersten Waldspaziergänge mit der Mutterhündin und mit den Geschwister ist ein besonderes Erlebnis für die Vier- sowie Zweibeiner. Ganz speziell wichtig erachte ich hier die Anwesenheit der sicheren Mutterhündin, die den Welpen Unbekümmertheit vermitteln kann. Nehmen sie helfende Personen mit, um die Kleinen zu überwachen. Da und dort gibt es Interessantes zum Schnüffeln, das erste Mal auf einem Baumstamm balancieren, in einem Wassertümpel sulen und vieles mehr bedeutet viel Spass. Ein Welpe ist sicher mutiger als der andere, und der ängstlichere Welpe lernt vom zuschauen was er alles riskieren kann und wird durch den mutigeren Welpen animiert mitzumachen. Die Mutterhündin und der/die ZüchterIn halten ein waches Auge auf die Eroberer und greifen nur bei Gefahr ein. Alle 2-3 Tage einen solchen Spaziergang von kurzer Dauer, keine Gewaltsmärsche, sondern eine Erlebnistour, regen die Erlebniswelt der Welpen an. Zudem nimmt es, in Gegenwart der Mutter, die Angst vor allem Neuen. Damit verbunden ist natürlich die Autofahrt bis zu einem solchen sicheren Waldweg.
Leinengewöhnung:
Die Leine kann auch schon zur Anwendung kommen, damit die Kleinen mit diesem oft störenden Objekt in Verbindung kommen. Wie störrische Ponys benehmen sich die einen, die anderen laufen keinen Schritt, ein anderer Welpe bewegt sich wie wenn er nie etwas anderes gemacht hat. Aber wenn die Mutter dabei ist und die Kleinen begleiten kann, ist das bald kein Problem mehr.
Umweltgewöhnung:
Die ganze Schar wird zu einer leicht frequentierten Strasse geführt. Lassen Sie die Welpen alle Eindrücke auf sich wirken. Leckerbissen verbinden das Gesehene mit etwas Positiven. Aber nicht für die ängstlichen Welpen. Wir möchten ja nicht die Angst belohnen. Ängstliche Welpen werden nicht beschwichtigt, aber als weise Züchter stelle ich mich zwischen den ängstlichen Welpen und dem Angst machenden Geräusch. So gebe ich die Sicherheit, dass ich als kompetenter Hundeführer , die Situation im Griff habe.
Wasserprägung:
Toll für jeden Hund der Zugang zu dem kühlenden Element an einem heissen Tag findet.
Erlauben es die Temperaturen, sind einige Fahrten zum nächsten ungefährlichen Gewässer, ob See oder Bach sehr prägend. Das Spiel der Welpen ist herzerfrischend. Gegenseitig animieren sich die Welpen das kühle Nass zu erkunden. Natürlich auch hier dürfen die Welpen ihr eigenes Tempo angeben. Ein Hindernis zu überwältigen ist verbunden mit einem gesunden entwickelten Selbstwertgefühl. Anschliessend werden alle trockengerubelt.
Am hauseigenen Bach
Zusammenfassung
Die Welpen sollten langsam auf ihre Zeit in der neuen Familie vorbereitet werden. Der Welpe muss neben dem neuen Fürsorgegaranten die Nacht verbringen. Dies fördert nicht nur die Beziehung zum neuen Rudelführer, sondern es ist auch einfach nachts die Versäuberungszeiten des Welpen zu überwachen, also ein Teil des Stubenreinheitstrainings. Für die Unterbringung im Auto stelle ich schon früh einige offenen Transportboxen in das Welpengehege, um die Kleinen bereits im frühen Alter an die Box zu gewöhnen.
Diese prägende Zeit ist sehr kurz, doch empfehlenswert, soviel an guter Prägung dem kleinen Wesen auf seinen Lebensweg mitzugeben. Natürlich ist es sehr zeitintensiv, aber wenn wir die Welpen in einem super sozialisierten Zustand den neuen Besitzer übergeben, können wir Stolz sein. Als wirklich gute Züchter sind wir es, nebst der Gesundheit und der Schönheit, den Welpen und den zukünftigen Hundebesitzer gegenüber schuldig unser bestes zu tun.
Heute hat diese umsichtige vielfältige Prägung sogar einen tiefen Grund erhalten und wird in der Epigenetik wissenschaftlich erklärt. Lesen Sie mehr dazu unter www.kynologos.ch/ kostenloser Service/ Wissen aktuell
Ursula Bührer, Kooikerhondje of White Sparkle, Schweiz